Vom 5. bis 11. Oktober 2025 nahmen wir im Rahmen des Erasmus-Projekts „Learn From Each Other“ an einem Schüleraustausch in Finnland teil. Nach unserer Ankunft in Rovaniemi wurden wir nicht direkt von unseren Gastfamilien abgeholt, sondern von einem freundlichen Fahrer, der uns nach Ranua brachte. Schon auf der Fahrt bekamen wir einen ersten Eindruck von der beeindruckenden finnischen Landschaft, endlose Wälder, glasklare Seen und eine Stille, die sofort auffiel.
In Ranua angekommen, warteten bereits unsere Gastfamilien auf uns und begrüßten uns sehr herzlich. Viele von ihnen leben in Häusern, die von der Natur umgeben sind, oft mit einer eigenen Sauna, die ein fester Bestandteil der finnischen Kultur ist. Wir fühlten uns sofort willkommen und staunten über die Gelassenheit und Ruhe, mit der das Leben dort abläuft.
Am ersten Abend wurden wir gleich in das Familienleben eingebunden. Wir aßen gemeinsam, spielten Musik und lernten kleine Traditionen kennen, wie zum Beispiel, dass in Finnland der Name eines Babys erst etwa zwei Monate nach der Geburt vergeben wird, wenn die Familie spürt, welcher Name wirklich zu dem Kind passt. Diese herzliche Atmosphäre begleitete uns die ganze Woche über.
Auch die Schule in Ranua hat uns sehr beeindruckt. Das Gebäude war modern, hell und freundlich gestaltet. Der Unterricht begann erst um halb neun, und die Stimmung war viel entspannter als bei uns in Deutschland. Man merkte, dass den Schülerinnen und Schülern dort viel Vertrauen geschenkt wird. Besonders schön war, dass praktisches Lernen, Kreativität und Wohlbefinden eine große Rolle spielen.?Wir nahmen zum Beispiel sowohl am Kunstunterricht als auch am Sportunterricht teil. Im Kunstunterricht konnten wir eigene kleine Projekte gestalten und unserer Kreativität freien Lauf lassen. Im Sportunterricht machten wir unter anderem Yogaübungen, die uns helfen sollten, uns zu entspannen und den Kopf freizubekommen. Uns fiel auf, dass in der finnischen Schule viel Wert darauf gelegt wird, dass die Schülerinnen und Schüler sich wohlfühlen und nicht unter Druck stehen. Insgesamt hatten wir das Gefühl, dass dort deutlich weniger Stress herrscht als an unseren Schulen in Deutschland.
Am Dienstag besuchten wir das Suhanko-Bergwerk in Rovaniemi und bekamen einen Einblick in die finnische Bergbauindustrie. Anschließend hielten wir gemeinsam mit den bulgarischen Schülerinnen kurze Präsentationen über die Industrien unserer Heimatländer. Da die Zeit an diesem Tag allerdings knapp wurde, konnten nur die bulgarischen Schülerinnen ihre Präsentationen vorstellen. Wir deutschen Schülerinnen holten unsere Präsentationen deshalb am Donnerstag nach.
Der Mittwoch stand ganz im Zeichen des Entdeckens: Wir besuchten das Arktikum-Museum, allerdings nur von außen. Dabei machten wir einen kleinen Rundgang um das Gebäude. Unser Begleiter, die eine Lehrerin der Schule Ranua Lukio ist, erzählte uns ein paar interessante Informationen über das Gebäude selbst und die Umgebung, zum Beispiel zur Natur in Lappland und zu allgemeinen Besonderheiten der Region. Danach überquerten wir den Polarkreis und genossen ein gemeinsames Mittagessen im Korundi-Restaurant. Anschließend blieb noch etwas Zeit, um Rovaniemi, die Hauptstadt Lapplands, auf eigene Faust zu erkunden.
Am Donnerstag besuchten wir den Ranua Zoo, wo wir viele arktische Tiere wie Eisbären, Elche und Wölfe sahen. Danach gingen wir zurück in die Schule, kochten gemeinsam typisch finnisches Essen und verbrachten dort unseren letzten Abend in der Schule. Dabei hatten wir viel Spaß beim gemeinsamen Zubereiten und Essen, und es war ein schöner Abschluss der Woche mit unseren finnischen Austauschpartnern.
Am Freitag nahmen wir dann am Unterricht unserer finnischen Austauschpartner teil. Dabei bekamen wir interessante Einblicke in den Schulalltag und bemerkten viele Unterschiede zu unseren Schulen in Deutschland. Besonders auffällig war das lockere und vertraute Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern. Alle sprechen sich mit Vornamen an, und die Atmosphäre ist sehr entspannt. In einem Englischunterricht kam ein Schüler sogar eine halbe Stunde zu spät und anstatt Ärger zu bekommen, wurde er einfach freundlich begrüßt. Manche Schüler verließen auch zwischendurch den Unterricht, ohne sich abzumelden, oder ruhten sich aus, wenn sie müde waren. Die Lehrer ließen dies einfach durchgehen, ohne dass es Konsequenzen für diese gab. Das zeigt, dass dort viel Wert auf Eigenverantwortung gelegt wird und kaum Druck oder Strenge herrscht.?Auch das Mittagessen in der Schule hat uns beeindruckt, denn es ist für alle kostenlos, was wir sehr fair finden, da sich so alle Schülerinnen und Schüler eine gesunde Mahlzeit leisten können. Außerdem war das Essen dort wirklich lecker, ganz anders als das, was wir von deutschen Schulkantinen gewohnt sind.
Neben dem offiziellen Programm erlebten wir auch viele schöne Momente mit unseren Gastfamilien. Wir machten Bootsausflüge, fuhren mit dem Quad, backten das finnische Gebäck „Tortu“ und sangen gemeinsam finnische und deutsche Lieder. Besonders spannend war der Besuch bei Studenten, die uns zeigten, wie man im Zelt Feuer macht und erklärten, wie das Jagen in Finnland abläuft. Diese Begegnungen machten uns bewusst, wie eng die Menschen dort mit der Natur verbunden sind.
Zum Abschluss unserer Reise machten wir auf dem Rückweg noch einen kurzen Stopp in Helsinki. Die finnische Hauptstadt beeindruckte uns mit ihrer modernen Architektur und der Nähe zum Meer. Trotz ihrer Größe wirkte die Stadt ruhig und geordnet, typisch finnisch eben.
Rückblickend war unsere Erasmus-Reise nach Finnland eine unvergessliche Erfahrung. Wir haben viel über das finnische Schulsystem, die Kultur und die Lebensweise gelernt und gleichzeitig neue Freundschaften geschlossen. Besonders beeindruckt hat uns die ruhige und respektvolle Art, mit der in finnischen Schulen gelernt wird. Lernen bedeutet dort nicht nur, Wissen zu sammeln, sondern auch Verantwortung zu übernehmen, eigene Ideen einzubringen und sich in einer angenehmen Atmosphäre wohlzufühlen.
Von der finnischen Schule können wir vor allem eines lernen: mehr Vertrauen in die Schülerinnen und Schüler, mehr Gelassenheit im Unterricht und eine stärkere Verbindung zwischen Lernen, Natur und Gemeinschaft. Wir nehmen viele schöne Erinnerungen und Ideen mit und auch das Gefühl, dass Schule nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch des Wohlfühlens sein kann.